Blue Steel

Mit seinem himmelblauen Lack, in dezentem Perlmutt-Effekt ausgeführt und auch nach fast 40 Jahren noch annähernd makellos, hat mich das Centurion Semi Professional schnell verführt. Ich konnte nicht anders. Ich musste es kaufen.

Centurion Semi Professional (1978)

Die verchromten Muffen und der vom Werk aus sparsame Einsatz von Schriftzügen (Decals) tragen zusätzlich zur schlichten Eleganz dieses neuen Rahmens für meine kleine Rennrad-Sammlung bei.

 

Centurion Semi Professional von 1978

Das Centurion ist mein erstes Rennrad aus den 70er Jahren und wird mir schon dadurch wieder eine Reihe neuer Erfahrungen bescheren.

Die Bestimmung von Modell und Alter erwies sich diesmal schon Dank der eingestanzten Seriennummer, einer akribischen Buchführung des japanischen Herstellers und der Veröffentlichung des Seriennummer-Codes auf den Seiten von Vintage-Centurion.com  als sehr einfach.

Einfacher jedenfalls als bei meinen deutlich jüngeren Klassikern von Bianchi, Hercules und Hardo Wagner, bei denen mir erst andere Rennradliebhaber und Schrauber im Klassiker-Forum von Rennrad-News.de z.B. mit ihrem gesammelten Wissen und/ oder Prospekten weiterhelfen konnten. Es ist bei weitem nicht so einfach, im Netz der unbegrenzten Möglichkeiten Informationen aus der Zeit vor seiner Verbreitung zu finden, wie man das bei aktuellen Themen gewöhnt ist.

Mein Semi Professional wurde laut Seriennummer nach der oben verlinkten Systematik von Vintage-Centurion.com Ende 1978 im japanischen Werk Miki aus zweifach konifizierten Tange Champion Rohren hergestellt.

Abgrenzung zu Klassikern aus den achtziger Jahren

Das Centurion unterscheidet sich konstruktiv und optisch von den Rennrädern der 80er Jahre, mit denen ich mich bisher beschäftigt habe. Aber die Unterschiede sind nicht alle auf den ersten Blick erkennbar.

Schaltzugführung auf dem Tretlagergehäuse

Sehr schnell erkennt man die Schaltzugführung auf dem Tretlagergehäuse, statt darunter wie sie nur kurz später Standard wurde, sowie das Fehlen von Ösen oder gar einer Innenrohrverlegung für die Bremszughüllen. Für letzteres benutzte man in den Siebziger Jahren meist noch Klammern, die das Kabel am Oberrohr fixieren.

 

 

Das mit Nieten befestigte Steuerkopfschild gab es in späteren Jahren auch nur noch selten. Gerade dieses Schild gefällt mir an meinem neuen Fang besonders gut.

 

 

 

 

Für den Aufbau des Rennrades wesentlich entscheidender sind jedoch die für den Laien nicht sofort sichtbaren Merkmale der 70er Jahre, wie der schmalere Hinterbau mit einer Einbaubreite von nur 120mm, der in der Regel nur Platz für eine 5-fach Hinterradnabe bietet. Das wirkt sich wegen der anderen Kettenlinie dann auch auf die Wahl der Achslänge im Innenlager aus.

Außerdem dominierte 1978 noch der einen guten Zentimeter längere Abstand zwischen Bremsbolzenbefestigung und Felge, der ein entsprechend langes Bremsschenkelmaß erfordert, sowie die Befestigung der Bremsen mit durchgehenden Bolzen statt mit versenkten Inbusmuttern.

Aufbau im All-Nippon-Style

Obwohl mein Rahmen laut Vorbesitzer mit einer kompletten Campagnolo Nuovo Gran Sport Gruppe ausgestattet war, stand für mich schnell fest, dass ich das Semi Professional mit japanischen Komponenten aus der Zeit zwischen 1976 und 1979 aufbauen werde.

Meine ersten Campagnolo-Erfahrungen möchte ich, wenn überhaupt, mit einem italienischen Klassiker machen, an dem sie quasi unausweichlich wären.

Sehr gut und inspirierend finde ich den Blogbeitrag eines amerikanischen Rennrad-Liebhabers auf simplicityvintagecycles.com, der sein noch etwas älteres Centurion Semi Professional in der gleichen Lackierung mit 27 Zoll Laufrädern (war in den USA zu der Zeit wohl Standard), mit schwarzen Suntour und Dia Compe Komponenten sowie SR Royal Cockpit und Sattelstütze im all-Nippon-Style aufgebaut hat.

Ich will einen ähnlichen Weg beschreiten, allerdings überwiegend mit Shimano Dura-Ace Komponenten der ersten Generation, soweit ich sie in gutem Zustand bekomme. Zum einen sind die hierzulande besser verfügbar, zum anderen finde ich gerade die silbern glänzenden Schaltungsteile sehr passend zu den verchromten Steuerrohrmuffen und den Spiegeln der Sattelstreben.

Bilder meines aufgebauten Semi Professionals und die Ausstattungsdetails dazu folgen, sobald das Rad fertig ist.

Wohltuende Zurückhaltung bei den Decals
Zum Beitragstitel:

Der Titel “Blue Steel” ging mir schon durch den Kopf als ich noch auf die Lieferung des Rahmens wartete. Ich mag den gleichnamigen Thriller aus dem Jahr 1990 mit der phantastischen Jamie Lee Curtis in der Hauptrolle. Rahmen und Hauptdarstellerin sind für mich in ihrer Ausstrahlung und Anziehung nicht ohne Parallelen.

2 Antworten auf „Blue Steel“

    1. Hallo Udo,

      Danke 🙂 der Rahmen ist derzeit auch wirklich mein liebstes Stück. Wenn man die Augen offen hält, geduldig ist und im entscheidenden Moment nicht zu lange zögert, dann klappt das auch ganz ohne den Teufel. Bisserl Glück braucht man natürlich schon.

      Alternative: man hat Geld ohne Ende. Wenn man genug investiert, bekommt man in diesem Hobby natürlich fast alles. Hab ich zum Glück nicht, denn dann würde es sicher nicht halb so viel Spaß machen!

      Beste Grüße
      Sebastian

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